Hund aufs Herz

JONATHAN BURROWS UND CHRYSA PARKINSON ZEIGTEN „DOGHEART“ BEI IMPULSTANZ 2010


Von Sabina Holzer

Die Bedeutung davon ist vollständig und am besten zu sagen das Zeichen,
am besten zu sagen am besten zu zeigen plötzliche Orte,
am besten bitter zu machen, am besten die Länge hoch zu machen und nichts breiter,
irgendetwas zwischen der Hälfte.
(Gertrude Stein)

Ein Tisch, zwei Stühle, zwei Mikrophone auf dem Tisch, an der Rückwand eine Projektionsfläche.
Jonathan Burrows und Chrysa Parkinson kommen auf die Bühne, setzen sich an den Tisch und jeder liest einen Text. Sie tun das gleichzeitig. Die beiden Texte unterscheiden sich voneinander. Die Worte werden zu Klängen, die übereinanderstolpern, einander überlagern, manchmal gleichen. Einer hört auf zu lesen, um etwas später wieder einzusetzen. Sprache, Melodie, Rhythmus. Manchmal werden Worte verständlich, um sogleich wieder im Gewirr der Laute aufzugehen. Details einer Fahrt mit dem Auto.

Jonathan Burrows und Chrysa Parkinson stehen auf und tanzen eine Sequenz. Unisono. Gleiche Bewegung von unterschiedlichen Körpern ausgeführt. Trockene, funktional-charmante präzise Präsentation. Das Licht geht aus, und auf die aufgespannte Leinwand werden knappe Kohlestiftzeichnungen projiziert, die an Panels eines Comicstrips erinnern. Eine Autofahrt in Bildern. Manche Bilder wiederholen sich. Später werden die Umrisse einer Figur dazukommen, die Figur wird sich sich aus der Vertikalen in die Horizontale lösen. Dogheart. Ist der Rhythmus der Bewegung, der Sprache, dieses Tempo das Herzklopfen eines Hundes, der alles das erlebt und es uns mit seinen Augen erleben lässt?

Ein Gewebe mit Grammatik

Text, körperliche Bewegung und Bild wechseln sich gegenseitig ab. Ein Klavierstück (von Howard Skempton gespielt von John Tilbury) als viertes Element begleitet zeitweise die unterschiedlichen (Ein-)Sätze. Immer sind es Wahrnehmungsspuren, die verlesen werden, und es könnte durchaus sein, dass diese Spuren nicht von einer Autofahrt, sondern von dieser getanzten Sequenz stammen.

Denn diese Spuren übersetzen das Hin und Her einer Bewegung und geben Wirklichkeitsfragmente wieder. Addiert man diese, so entsteht eine Welt. Und im Falle von „Dogheart“ eine vage Vorstellung eines Ereignisses. Die Texten meist zugewiesene Aufgabe, Informationsträger, also vermittelnd und aufklärend zu sein, wird hier konsequent verweigert. Textsprache, Bewegungssprache, Bildsprache lassen eine Textur entstehen. Ein Gewebe von flüchtigen Wörtern und Bildern, die klar in ihrer Grammatik (der Kunst des Lesens und Schreibens) und Adressierung sind und aufeinander verweisen. Das Aufzeichnen von Bewegungen, also Choreografie, angewandt in den verschieden Medien, hier fein ausexerziert, unvorhersehbar und zugleich offengelegt.
Das letzte Panel, als grau schraffiertes Viereck ist wie ein Hinweis auf die unumgängliche Übersetzungslücke, den blinden Fleck, das kurze Zwinkern mit den Augen, das unsere Sichtweisen mit Dunkelheit durchbricht. (10.8.2010)